Feiertagsgedanken:
Wenn etwas Wertvolles leise verschwindet
Gestern habe ich etwas erlebt, das mich tief bewegt hat. Ich war dabei, als
eine langjährige Kollegin begann, ihre Kindertagespflegestelle aufzulösen.
Schritt für Schritt, mit schweren Händen und einem stillen Blick. Diese
Kollegin ist nicht irgendwer. Sie ist ausgebildete Erzieherin, hat früh den Weg
in die Kindertagespflege gewählt und diesen Beruf mit Hingabe, Fachkompetenz
und Überzeugung gelebt. Sie war für viele eine Wegbereiterin - für Kinder ein
sicherer Hafen, für Eltern eine vertrauensvolle Begleiterin.
Nun schließt sie ihre Türen. Nicht, weil sie es möchte. Nicht, weil sie keine
Liebe mehr für ihren Beruf empfindet. Sondern weil sie keine Perspektive mehr
sieht. Zu viele Hürden, zu wenig Anerkennung, zu viel Druck. Sie steht
stellvertretend für viele, die müde geworden sind, weil sie seit Jahren geben,
tragen, kämpfen – und doch das Gefühl haben, übersehen zu werden.
In ganz Deutschland verschwinden derzeit Kindertagespflegestellen. Oft leise.
Ohne große Aufmerksamkeit. Und doch mit weitreichenden Folgen. Denn es sind
diese kleinen, geschützten Orte, an denen Kinder in den ersten Lebensjahren
Halt finden. Orte, an denen Beziehung zählt, Nähe, Vertrauen. Wo Bildung nicht
laut, sondern liebevoll beginnt.
Die Gründe für das Verschwinden sind komplex, aber nicht unverständlich. Der
Fokus in der Betreuungspolitik liegt zunehmend auf dem Ausbau großer
Einrichtungen. Tagespflegepersonen hingegen kämpfen oft mit schlechter
Bezahlung, mangelnder Absicherung, wachsender Bürokratie und fehlender
Unterstützung. Dabei ist ihr Beitrag für die frühkindliche Entwicklung
unermesslich wertvoll.
Eltern spüren das. Viele wünschen sich genau diese Art der Betreuung für ihr
Kind. Eine Umgebung, die Geborgenheit bietet, in der Zeit für das einzelne Kind
bleibt. Doch die Möglichkeit, zu wählen, schwindet. Und mit jeder weiteren
Schließung verschwindet auch ein Stück Vielfalt, ein Stück Menschlichkeit aus
unserem System.
Was bleibt zu tun? Es braucht Menschen, die nicht schweigen. Eltern, die ihre
Erfahrungen teilen. Stimmen, die sich an die richtigen Stellen wenden. Worte,
die sichtbar machen, was sonst unbemerkt bleibt. Denn jede gelebte
Kindertagespflege ist ein Geschenk - und jedes verlorene Angebot ein Verlust
für uns alle.
In diesen Tagen, in denen wir innehalten und uns auf das Wesentliche besinnen,
sollten wir nicht vergessen, wem wir unsere Zukunft anvertrauen: unseren
Kindern und den Menschen, die sie in ihren ersten Lebensjahren begleiten.
Geschrieben und zur Verfügung gestellt von: Kindertagespflege im Kreis Soest